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Eine rheinische Züchtung im europäischen Aufwind:

Das Aachener Lackschildmövchen

 

Die Aachener Lackschildmövchen werden am Niederrhein seit mindestens zwei Jahrhunderten gezüchtet. Wie bei vielen anderen Rassen, war ihr Verbreitungsgebiet vorrangig auf das Ursprungsgebiet begrenzt. Nach Trübenbach gehören sie zu den ältesten europäischen Mövchengruppen. Früher wurden sie auch Manteltauben genannt, doch nach Trübenbach und dem heutigen Kenntnisstand war und ist Schildmövchen treffender. Die Verwandtschaft zu den Antwerpener Smerlen auf belgischer Seite und den Altholländischen Mövchen auf der niederländischen Seite ist nicht nur in der geographischen Nähe der Zuchtgebiete zu suchen. Aachener Lackschildmövchen wurden zum Beispiel von Zurth, Bart und anderen als Zwischenform von Mövchen und Farbentauben bezeichnet. Diese Zuordnung ist heute als falsch anzusehen, weil der Mövchentyp vorrangig ist und ein namensgebendes Merkmal darstellt.

 

Schwarzer Aachener (Bild von J.L. Frindel)

 

Unumstritten ist, dass der "Aachener" ein Mövchen mit Farbentaubenqualität hinsichtlich Farbe und Lack darstellt. Die anfängliche Euphorie ging in eine Phase der Beruhigung über, der ein wesentlicher Rückgang in der Quantität der Zuchten folgte. Leider waren nach Katalogdurchsichten um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert kaum noch Aachener Lackschildmövchen anzutreffen. In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts waren nach der Mövchenbroschüre von Trübenbach die Aachener Lackschildmövchen im Gegensatz zu ihrer früher guten Verbreitung fast ausgestorben. Die außerordentlich metallisch glänzenden Farben Schwarz, Rot und Gelb zeigten sich verblasst. Die Aussage Trübenbachs ist als richtig anzusehen, weil er als Preisrichter auf vielen und allen größeren Ausstellungen tätig war. Er empfahl in dieser Zeit, die Rasse aus den wenigen vorhandenen Exemplaren zu rekonstruieren. Mit der Gründung des Aachener Ziertaubenvereins 1925 erfuhr die Rasse einen Aufschwung. Es kam zu einer Blütezeit der Aachener, die später durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges gestoppt wurde. Nach dem Krieg wurde von den verbliebenen Züchtern und neuen Liebhabern mit den wenigen Lackschildmövchen ein Neuanfang gestartet. Am Niederrhein, in den Niederlanden und in Belgien entstanden wieder beachtliche Zuchten. Die logische Schlussfolgerung war der Zusammenschluss zu Züchtergemeinschaften.

 

Gelber Aachener (Bild von J.L. Frindel)

 

Die Gründung des Sondervereins der Züchter der Aachener Lokalrassen mit dem Aachener Bandkröpfer und dem Aachener Lackschildmövchen im Jahre 1956 war zwar zu dieser Zeit ein richtiger und wichtiger Schritt, der sich jedoch nach etwa 20 Jahren überlebt hatte. Die Mehrzahl der Kropftaubenzüchter war in Süddeutschland beheimatet, die Mövchenzüchter dagegen im Rheinland. Während sich die Mövchenzüchter grenzüberschreitend an den Ausstellungen in Belgien und den Niederlanden beteiligten, war es bei den Kröpferzüchtern nicht der Fall.

Auf Betreiben des damaligen Geschäftsführers Walter von Lewinski sollte eine Trennung des Sondervereins erfolgen, jedoch der erste Vorschlag, den Anschluss an einen größeren Sonderverein, zum Beispiel SV der seltenen Kröpferrassen und SV der Mövchen von 1894, kam nicht zum Tragen. In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung in Köln wurde die Trennung besiegelt und auf der Jahreshauptversammlung des VDT bestätigt. Von da an gab es den SV der Aachener Lackschildmövchen von 1956 unter der VDT-Nr. 172. Es erfolgte eine Belebung des Vereinslebens, und die Ausstellungsfreudigkeit der Züchter stieg an. Auf den jährlich stattfindenden drei Sonderschauen konnten bis zu 300 "Aachener" in den drei Farben gezeigt werden. Mitte der 1990er Jahre kam es erneut zu einem Rückgang der Tierzahlen bei Sonder- und Hauptsonderschauen, was auch auf Unstimmigkeiten in der SV-Führung zurückzuführen war. In der Vorbereitung zur heutigen Standardformulierung kam es bei unterschiedlichen Ansichten zu einem tragbaren Kompromiss. 

 

Roter Aachener (Bild von J.L. Frindel)

 

Die Standardänderung auf knapp mittellangen Schnabel und die Tolerierung einer weißen Klappenfeder und Farbe hinter den Schenkeln hat seinen Niederschlag im neuen Standard gefunden und sollte auch Grundlage für den EE-Standard sein. Die heutigen Forderungen sind eine fast waagrechte Haltung - wie beim Typ des früheren Deutschen Schildmövchens - mit kurzen, unbefiederten Läufen. Aus dieser Forderung heraus macht sich eine Ringgrößenänderung zwingend notwendig, durch das weitere Zusammenrücken von Zehengelenk und Fersengelenk erfolgt zwangsweise eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Fußringes, ganz zu Schweigen von den Problemen bei der Beringung der Jungtiere. Vom Sonderverein wird eine Änderung der Ringgröße auf Durchmesser 8 Millimeter angestrebt. (Ringgröße 8 seit 2012 offiziell gültig!)

Der länglich runde Kopf mit einer sanften Bogenlinie über dem Kopf bis in den Nacken, ohne jeden Ansatz eines Schnabel-Stirn-Winkels sollte im Verhältnis zur Gesamtproportion nicht zu klein wirken. Der kurze Hals, eher stark als schlank, darf nicht rund in der Kehle sein, weil nur ein ovaler Verlauf eine leichte Wammenbildung ermöglicht. Ein noch oft anzutreffendes Problem stellt der breite Augenrand dar. Zwar gibt es kaum noch farbliche Probleme, denn rötlicher oder gelblicher Augenrand sind tabu, aber die Randeindeckung ist besonders beim schwarzen Farbschlag zu kritisieren. Die Schildfarbe bei Schwarz und Rot entspricht größtenteils den Standardforderungen, ausgenommen die auf Einkreuzung von anderen Farbschlägen zurückzuführenden Abweichungen. Lediglich bei Gelb gibt es noch Wünsche bei der Durchfärbung der Armschwingen und der Gleichmäßigkeit der Schildfarbe, oftmals wird auch etwas mehr Lack gefordert, der als namensgebendes Rassemerkmal zwangsläufig notwendig ist.

Diese im neuen Standard festgeschriebenen Rassemerkmale sind erklärtes Zuchtziel der Mitglieder, und die Früchte wurden in den letzten Jahren mit hohen Noten und Meistertiteln eingefahren. Durch die aktive Arbeit des jetzigen ersten Vorsitzenden, Walter von Lewinski, und des SV-Vorstandsteams konnte mit hohen Beschickungszahlen der Großschauen und mit hervorragenden Ergebnissen für die Rasse geworben werden.

Bereits zur letzten Europaschau 2006 wurden mit einmal Europameister und mit dreimal Europachampion Zeichen für die weitere Verbreitung der Aachener Lackschildmövchen gesetzt. Die Bedingungen mit mehr als vier Kollektionen pro Farbschlag und der erforderlichen Anzahl der ausländischen Aussteller nach dem EE-Reglement wurden erstmals erfüllt. Es waren die Ergebnisse einer teilweise kostenlosen Zuchttierbereitstellung von Walter von Lewinski, die das ermöglichten. Auch der Export von Tiermaterial nach Übersee hat sich ausgezahlt, im Standard der USA und Australien sind die Aachener Lackschildmövchen vertreten, und es existieren beachteswerte Zuchten in diesen Ländern. Im Jahr 2008 konnte mit fast 350 Tieren auf den drei Sonderschauen der positive Trend bestätigt werden. In den Jahren zuvor wurden nur etwa 250 Tiere auf den Sonderschauen gezeigt.

(Theo Schneider)